Delphi-PRAXiS

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luisk 21. Mai 2013 06:24

Urheberrecht
 
Hallo,
ich hätte mal eine Frage zum Urheberrecht.
Fallbeispiel:
Ein Student erwirbt eine Version von Delphi Professional und entwickelt zunächst Programme für die Industrie.
Er tritt nach seinem Studium in den Staatsdienst.
Dort erkennt er Möglichkeiten zur Optimierung von Abläufen.
Er entwickelt dann in seiner Freizeit mit dieser Delphi Prof.-Version ein Programmsystem zur Optimierung der Abläufe.
Dieses Programm wird dann in dieser Behörde eingesetzt und optimiert vor allem die Arbeit seiner Vorgesetzten.
Er bekommt dann einige Anrechnungsstunden, die vor allem zur Betreuung der Software mit inzwischen 35 Netzwerkusern nötig sind. Und entwickelt vor allem in seiner Freizeit weiter mit redziertem Deputat, was Gehaltsverzicht bedeutet.
Dann wird er 3 Jahre nach Entwicklungsstart befördert, als Teilgebiet wird auch die Betreung und Entwicklung der Software in einer Stellenbeschreibung aufgeführt.

Wem gehört nun der Quellcode ?

Furtbichler 21. Mai 2013 06:37

AW: Urheberrecht
 
Was wurde mit den 'Anrechnungsstunden' bezahlt? Wie sah die Rechnung aus? Eventuell sind das nur Anpassungsarbeiten und im Idealfall als solche gekennzeichnet.

Der Urheber ist in jedem Falle der Student. Eigentümer i.A. auch, außer, dies wurde explizit anderweitig vereinbart.

luisk 21. Mai 2013 06:50

AW: Urheberrecht
 
Die Anrechnungsstunden liegen lediglich in dem Umfang, den auch Kollegen zur Betreuung von gekaufter Standardsoftware
(z.B. SAP) erhalten. Diese Kollegen wurden ebenfalls nach dem selben Zeitraum auf Grund der Betreuung dieser Standardsoftware befördert.

Furtbichler 21. Mai 2013 07:13

AW: Urheberrecht
 
Ah, na dann ist alles in Butter. Du hast also kein Geld bekommen, die SW zu entwickeln? Und dies auch nicht im Auftrage deines Arbeitgebers/Dienstherren getan? Ja wem soll der Quellcode sonst wohl gehören?

Das Einzige, was problematisch sein könnte, wäre ein NDA, der mit Arbeitsbeginn unterzeichnet wurde oder die Verwendung von Betriebsgeheimnissen. Dies wären etwa 'Abläufe', die essentiell für den Betrieb wären, also Arbeitsabläufe, Prozessschritte usw.

luisk 21. Mai 2013 07:32

AW: Urheberrecht
 
Das Problem ist, ich bin Beamter.
Nun hält man mir vor ich hätte ja Anrechnungsstunden bekommen und sei befördert worden. Damit gehöre die Software der Behörde.

Inzwischen habe ich an einem öffenlichen Arbeitsplatz ein Schreiben gefunden, auf dem die Anrechungsstunden
eines Kollegen aufgeführt sind, die er für die Betreung einer Standardsoftware erhält: Mehr, als ich je erhalten habe.
Dass dieses Dokument öffentlich rumliegt ist pure Schlamperei.

Meine Software läuf reibungslos, bei der Standardsoftware gibt es seit Jahren Verzögerungen, nun wird eine Unmenge Geld und Zeit reingeschoben. Hinter der Entwicklung stehen mehrere Bundesländer, die Gelder reinschieben.

Wenn ich mich dazu äußere, sagt man mir, das ginge mich nichts an.

Weiter wird folgendes aufgeführt:
http://www.info-beamte.de/dienstleistungspflicht.php
"Der Beamte hat sich seinem Beruf mit voller Hingabe zu widmen. Diese Pflicht bezeichnet zunächst die Arbeitspflicht. (§54 Satz 1 BBG) Diese Arbeitspflicht geht über die routinemäßige Erledigung der Arbeit hinaus, der Beamte hat sich stets darum zu bemühen seine Aufgaben zu verbessern und schnellstmöglich zu erledigen. Der Dienst wird in regelmäßigen Dienstzeiten abgeleistet, sollten bestimmte Umstände erfordern Überstunden zu leisten, dann hat der Beamte dem nachzukommen. (§72 Abs.2 BBG) In einem bestimmten Maß sind diese Arbeitszeiten unentgeltlich abzuleisten. Die zeitlichen Vorschriften legt die Arbeitszeitenvorschrift fest. Eine besondere Form der Arbeitszeit ist der Bereitschaftsdienst, wie er häufig bei Polizeibeamten vorkommt. Liegt eine Rufbereitschaft vor, kann der Beamte seinen Aufenthaltsort selbst bestimmen, muss aber jederzeit erreichbar sein. Das Gesetz sieht vor, der Beamte muss nicht immer im Dienst sein, allerdings muss er seine Arbeit während der Dienstzeit mit voller Bereitschaft erfüllen."

Lemmy 21. Mai 2013 07:48

AW: Urheberrecht
 
Hallo,

dein Code gehört imho aktuell dir, Problem könnten die Anrechnungsstunden insofern sein, als das der in dieser Zeit entstandene Code in jedem Fall deinem Arbeitgeber gehört. Zukünftig wird das in jedem Fall sein, da das jetzt in deinem Arbeitsvertrag steht (also Code für dieses Projekt).

Ich vermute mal, dass im Rahmen dieser Anrechnungsstunden kein Wort in Bezug auf den Eigentum der Software gesprochen wurde? Hat der MA schon mal das Gespräch mit dem Betriebsrat gesucht?

Und warum
Zitat:

Nun hält man mir vor ich hätte ja Anrechnungsstunden bekommen und sei befördert worden. Damit gehöre die Software der Behörde.
?

weil Du jetzt noch Geld für den Eigentumsübergang möchtest? Bist Du schon Beamter auf Lebenszeit?

Phoenix 21. Mai 2013 07:57

AW: Urheberrecht
 
Zitat:

Zitat von luisk (Beitrag 1215857)
Er entwickelt dann in seiner Freizeit mit dieser Delphi Prof.-Version ein Programmsystem zur Optimierung der Abläufe.
[...]
Und entwickelt vor allem in seiner Freizeit weiter mit redziertem Deputat, was Gehaltsverzicht bedeutet.

Bis hier hin ist alles ganz eindeutig klar: Dir. Ohne Zweifel.
Zumal Du ja für die Entwicklung in Deiner Freizeit auch nur Teilzeit gearbeitet hast.

Zitat:

Zitat von luisk (Beitrag 1215857)
Dann wird er 3 Jahre nach Entwicklungsstart befördert, als Teilgebiet wird auch die Betreung und Entwicklung der Software in einer Stellenbeschreibung aufgeführt.

Und ab hier wird es dann kompliziert.

Der Code, den Du in Deiner Arbeitszeit entwickelst, 'gehört' in allgemeinem dann dem Betrieb. Gehört im Sinne von: Du hast das Urheberrecht (das ist nicht übertragbar), aber Dein Betrieb bzw. Deine Behörde verfügt über sämtliche Nutzungsrechte. Wie gesagt, das betrifft lediglich den in der Arbeitszeit geschriebenen Code. Hier wird das Problem nur sein, den von dem anderen Code zu differenzieren (ausser, ihr habt eine gescheite Stempeluhr und die Commits in der Versionsverwaltung lassen sich klar Arbeitszeit / Freizeit zuordnen).


Ich gehe davon aus, Du hast Deiner Behörde bisher vermutlich nur mündlich die unentgeltliche Nutzung Deiner Software gestattet?

Aus der Dienstleistungspflicht lässt sich m.M.n. nicht ableiten, dass Du verpflichtet wärest, die Software die Du in Deiner Freizeit entwickelst hast der Behörde vollständig zu überlassen. Da Du ja genau Deiner Dienstpflicht nachgekommen bist die Abläufe zu verbessern, und dazu der Behörde die Software auch kostenlos zur Nutzung überlassen hast, sollte der Teil damit mehr als abgedeckt sein.

Aber ich bin kein Anwalt. Und es wäre nicht schlecht, wenn Du das einem Anwalt für Verwaltungs- und Arbeitsrecht vorlegen würdest und Dich dort mal intensiver beraten lassen würdest.

luisk 21. Mai 2013 07:58

AW: Urheberrecht
 
Bin Beamter auf Lebenszeit,
2007 sagte der Stellvertretende Behördenleiter noch, "Die Software gehört Ihnen, schreiben Sie Ihren Namen auf die Startseite."
Inzwischen hat der Behördenleiter gewechselt, der will naürlich von der Historie nichts wissen.

Ich habe nie auf Anweisung programmiert, sondern immer auf Eigeninitiative, da ich einen bestimmten innern Antrieb habe. Ich programmiere nur zu Hause. Bei 35 Anwendern entsprechen die Anrechnungen im Prinzip der Administrationszeit
( Schnittstellenanpassungen, Userbetreuung, Netzwerkanpassungen, Datensicherung, Anpassung der Software an rechliche Rahmenbedingungen )

Der schöne Günther 21. Mai 2013 08:06

AW: Urheberrecht
 
Wie Phoenix schon gesagt hat ist "Urheberrecht" vielleicht nicht das passende Schlagwort - Das Urheberrecht liegt bei dir, das kann dir niemand nehmen. Die Frage ist, was vertraglich über das Softwareprojekt vereinbart wurde, ob irgendeine Vergütung wirklich auf die angewiesene Entwicklung zurückzuführen ist usw... Und so wie es bislang aussieht: Nicht.

Ich weiß nicht, was du genau vorhast (bsp. das Programm auch selbst kommerziell anzubieten), aber ich würde mir einmal alles handfeste schriftliche zusammensuchen und schonmal nach einem passenden Anwalt suchen...

luisk 21. Mai 2013 08:20

AW: Urheberrecht
 
Bei einem neuen Softwaremodul kam es zu folgendem Eklat:

Ich habe in Gesprächen mit Kollegen erkannt, dass über eine neues Modul eine weitere Verbesserung für viele verschiedene Anwendergruppen möglich ist.
Ich habe diese Lösung dem Behördenleiter vorgestellt. Er teilte mir mit, dass er dieses Modul nicht wolle,
ein anderer werde eine pragmatische Lösung mit MsExcel erstellen.

Ich teilte ihm mit, ich werde dieses Modul dennoch privat am Wochenende und in meinem Urlaub entwickeln, damit seien auch die Besitzverhältnisse geklärt.

Das habe ich dann auch getan,und in einem kleinen Bereich den Usern zur Verfügung gestellt. Sie waren sehr zufrieden.
Ich hatte Ihnen für 3 Wochen die Arbeit enorm erleichtert.
Dies teilte ich dem Behördenleiter mit, er ignorierte jedoch alles. Daraufhin habe ich das Modul wieder herausgenommen.
Die Kollegen aus dem Bereich hatten Verständnis dafür, dass ich unter den Umständen das Modul zurückzog.

Inzwischen habe ich gehört, dass die Anwender mit der Excel-Lösung unzufrieden bin. Man wolle in einigen Monaten
mir den Auftrag geben, ein neues Modul zu entwickeln. Allerdings habe ich dieses Modul ja schon fertig. Dennoch geht der Behördenleiter nun davon aus, dass dieses neue Modul auch seiner Behörde gehöre, wenn er mir im Nachhinein einen Auftrag gibt.

- ziemlich verworren

Einen Anwalt einschalten ist problematisch - ein Behördenleiter kann einem das Leben mit Zusatzaufgaben zur Hölle machen:
http://www.spiegel.de/kultur/tv/psyc...-a-877590.html

Der schöne Günther 21. Mai 2013 08:23

AW: Urheberrecht
 
Der Kerl hat nicht wirklich Ahnung, kann das sein? Das ist ja wirklich schade, so etwas derart mit Füßen zu treten...

Ich bin kein Jurist, aber mit dem ganzen Urheber- und Vertragsrecht in Bezug auf Softwareentwicklung bin ich im Studium ausführlich getriezt worden - Wenn dir das hilft, kann ich heute Abend einmal alles zusammenstellen, was ich darüber noch weiß und aus meinen aufgehobenen Unterlagen herauslesen kann :-)

blondervolker 21. Mai 2013 10:12

AW: Urheberrecht
 
Geh am schnellsten zu einem Fachanwalt!Und nicht zu einem mit Schwerpunkt:Scheidungsrecht:-D

Ganz unten noch ein paar Links!
Hab mal gekramt:

Die Entscheidung des BGH befaßt sich mit der Frage, inwieweit einem angestellten Softwareentwickler über den regulären Arbeitslohn hinaus eine Vergütung für die von ihm geschaffene Software zustehen kann. Die Möglichkeit einer Sondervergütung ist in Rechtsprechung und Literatur in den letzten Jahren zunehmend diskutiert worden (vgl. die Vorinstanz, OLG Düsseldorf, WRP 1998, 1202 f.; LG München I, ZUM 1997, 659; Rojahn, Der Arbeitnehmerurheber in Presse, Funk und Fernsehen, 1978, S. 156 - 159; Sack, UFITA 121 (1993), S. 15, 21; Brandi-Dohrn, CR 2001, 285 ff.). In der betrieblichen Praxis ist diese Entwicklung noch kaum wahrgenommen worden. Entsprechend hat sich die Softwareindustrie bislang auch weder bei den Vergütungsmodellen für ihre Arbeitnehmer noch in der Preiskalkulation bei der Softwarelizenzierung auf diesen potentiellen Kostenfaktor eingestellt.

Das Problem
§ 69b Abs. 1 UrhG weist dem Arbeitgeber alle vermögensrechtlichen Befugnisse an aus dem Arbeitsverhältnis heraus entwickelten Computerprogrammen zu (soweit die Parteien nichts anderes vereinbaren). Soweit Software urheberrechtsgeschützt ist, kann man eine Vergütungspflicht daher nur annehmen, wenn man entweder in § 69b UrhG hineinliest, die Zuweisung der Vermögensrechte an den Arbeitgeber solle nicht unentgeltlich erfolgen, oder durch Heranziehen spezieller (z.B. Bestseller-Paragraph, § 36 UrhG) oder allgemeiner (§ 242 BGB) "Gerechtigkeitsnormen". Das Gesetz über Arbeitnehmer-Erfindungen vom 25.07.1957 (ArbEG) regelt das Verfahren bei Erfindungen von Arbeitnehmern innerhalb von Arbeitsoder Dienstverhältnissen, die patent- oder gebrauchsmusterschutzfähig sind, sowie bei technischen Verbesserungsvorschlägen (§ 2 ArbEG). Anders als § 69b UrhG können die den Arbeitnehmer begünstigenden Bestimmungen des ArbEG - vor allem die Zuerkenung einer Erfindervergütung - nicht vom Arbeitgeber im vorhinein vertraglich ausgeschlossen oder zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgeändert werden (§ 22 ArbEG). Entwickelt ein Arbeitnehmer Software, die nicht nur urheberrechtsschutzfähig ist, sondern auch patent- oder gebrauchsmusterschutzfähig (oder zumindest einen "technischen Verbesserungsvorschlag" darstellt), so stellt sich die Frage, ob neben § 69b UrhG auch die Bestimmungen des ArbEG anwendbar sind - und inwieweit sich daraus ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Sondervergütung gegen den Arbeitgeber ergibt.

Die Entscheidung des BGH
Im entschiedenen Fall hatte der klagende Arbeitnehmer ein EDV-gestütztes Verfahren für die graphische Darstellung von Wetterführungsplänen zur Nutzung im Bergbau entwickelt. Der Arbeitgeber setzte die Software in seinen eigenen Bergwerken ein und bot sie anderen Unternehmen zum Kauf bzw. zur Lizenznahme an. Der Arbeitnehmer verlangt nun im Wege der Stufenklage Auskunft und eine Arbeitnehmer-Erfindervergütung nach dem ArbEG.
a) Einen Anspruch auf Arbeitnehmer-Erfindervergütung nach §§ 9, 10 ArbEG verneint der BGH (nur) mangels ordnungsgemäßer Erfindermeldung und Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber gemäß § 5 ArbEG.
b) Auch einen Vergütungsanspruch für einen technischen Verbesserungsvorschlag (§§ 3, 20 ArbEG) weist der BGH zurück. Nach § 20 ArbEG bestehe eine Vergütungspflicht nur dann, wenn der Verbesserungsvorschlag dem Arbeitnehmer eine "ähnliche Vorzugstellung verleiht wie ein gewerbliches Schutzrecht". Ein solches Schutzrecht sieht der BGH allerdings (nämlich das Urheberrecht an der Software), verweist aber darauf, daß die so entstandene Vorzugsstellung des Arbeitgebers nicht auf dem Verbesserungsvorschlag des Arbeitnehmers beruht. Dieser Schutz sei dem Arbeitgeber nämlich kraft Gesetzes, durch § 69b UrhG, zugefallen und nicht durch den Arbeitnehmer "vermittelt". Also stehe dem Arbeitnehmer auch keine Vergütung nach § 20 ArbEG zu.
c) Der BGH verweist den Rechtsstreit allerdings zurück zur weiteren Prüfung, ob dem Arbeitnehmer nicht nach Urhebergesetz Vergütungsansprüche zustehen könnten. Während man das Versäumnisurteil noch dahin verstehen konnte, im Anwendungsbereich des § 69 UrhG sei jegliche Sondervergütung ausgeschlossen, bejaht der BGH eine solche Möglichkeit nunmehr ausdrücklich: § 69b UrhG müsse zwar dahin verstanden werden, daß dem Arbeitgeber die Nutzung der Software vergütungsfrei zugewiesen sei; dem Arbeitnehmer könnten aber dennoch aus anderen Anspruchsgrundlagen Ansprüche zustehen. Der BGH erwähnt dabei ausdrücklich Ansprüche nach § 36 UrhG.
Der Rückgriff auf § 36 UrhG überrascht weniger wegen der (möglichen) Wendung des BGH gegenüber seiner Entscheidung "Wetterführungspläne I". Der BGH stellt klar, daß § 36 UrhG anwendbar ist, wenn Arbeitnehmer Urheberrechte auf den Arbeitgeber übertragen müssen (vgl. nur Möhring/Nicolini/Spautz, UrhG, 2. Aufl., § 43 Rn. 1). Überraschend ist eher, daß der BGH in dieser Frage eine Vorlage an den EuGH nicht einmal erörtert: § 69b UrhG gibt wörtlich Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 91/250/EWG wieder. Der BGH interpretiert § 69b UrhG - im Einklang mit der ganz herrschenden Meinung - dahin, die Nutzungsrechte an der Software gingen vergütungsfrei auf den Arbeitgeber über. Bei dieser Interpretation scheint die Annahme nicht fernliegend, daß die Richtlinie eine für urheberrechtliche Ansprüche abschließende Regelung darstellt. Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie kann nach seinem Wortlaut in der Tat so gelesen werden, daß nur Anspruchsgrundlagen aufgrund anderer Gesetze neben § 69b UrhG geltend gemacht werden können, urheberrechtliche Ansprüche dagegen ausgeschlossen sind. Dieser Wortlaut wird im deutschen Recht allerdings durch die Formulierung des § 69g Abs. 1 UrhG verschleiert, wonach sonstige Rechtsvorschriften neben den "Bestimmungen dieses Abschnitts" anwendbar bleiben sollen, also auch sonstige Ansprüche nach UrhG.

Die Konsequenzen des Urteils
Die Entscheidung des BGH betrifft nur eine bestimmte von mehreren denkbaren Fallkonstellationen. Für die nicht mit entschiedenen Konstellationen enthält das Urteil allerdings wertvolle Hinweise. Man kann 3 Arten von Software unterscheiden:
a) Software, die lediglich urheberrechtsschutzfähig ist und im Rahmen der arbeitsvertraglichen Pflichten entwickelt wurde, steht nach §69b UrhG dem Arbeitgeber zu. Im Gegensatz zur Entscheidung "Wetterführungspläne I" schließt der BGH nicht aus, daß dem Arbeitnehmer z. B. eine Vergütung nach §36 UrhG zustehen kann. Nach dieser grundsätzlichen Weichenstellung scheinen auch andere in der Literatur diskutierte Vergütungsansprüche nicht mehr ausgeschlossen, so z. B., wenn die Software aufgrund von Weisungen des Arbeitgebers erstellt wird, der Arbeitgeber eine solche Weisung jedoch nach Arbeitsvertrag nicht erteilen durfte. Auch Überstundenvergütungen könnten in Betracht kommen, wenn die Software außerhalb der regulären Arbeitszeit geschaffen wurde (vgl. dazu Sack, UFITA 1993, 15, 28 ff.; Buchner, GRUR 1985, 1 f.; Ullmann, GRUR 1987, 6, 14).
b) Mit lediglich urheberrechtsschutzfähiger Software, die außerhalb des arbeitsvertraglichen Pflichtenkreises entwickelt wird, hat sich der BGH nicht befaßt. Da § 69b UrhG nicht anwendbar ist, steht die Software grundsätzlich dem Arbeitnehmer zu. Will der Arbeitgeber sie nutzen, muß er sich mit dem Arbeitnehmer wie mit einem Dritten über die Bedingungen einigen. Instanzrechtsprechung und Teile der Literatur befürworten allerdings eine analoge Anwendung des ArbEG zumindest dann, wenn der Arbeitnehmer auf die im Betrieb vorhandenen (Er-) Kenntnisse oder Arbeitsmittel des Arbeitgebers zurückgegriffen hat (vgl. LG München I, ZUM 1997, 659; Rojahn, a.a.O., S. 156 - 159; Sack, a.a.O., S. 15, 21). Mit anderen Worten: Dem Arbeitgeber wird ein Recht auf Inanspruchnahme der Software zugesprochen, er hat hierfür aber eine Entschädigung nach ArbEG zu zahlen. Diese ist immerhin günstiger als eine marktübliche Lizenzgebühr (vgl. hierzu im einzelnen: Brandi-Dohrn, CR 2001, 290).
c) Häufig ist Software nicht nur urheberrechtsschutzfähig, sondern hat zugleich den Charakter einer "technischen Erfindung" oder eines "technischen Verbesserungsvorschlages" i. S. d. ArbEG.
Hier schafft die Entscheidung des BGH insoweit Klarheit, als über § 20 ArbEG ein Anspruch auf Arbeitnehmer-Erfindervergütung nicht eröffnet ist.
Der BGH bezeichnet jedoch Ansprüche nach ArbEG bei patent- oder gebrauchsmusterschutzfähigen Computerprogrammen ausdrücklich als "denkbar". Der Arbeitgeber ist also gut beraten, wenn er bei Meldung einer Softwareentwicklung zunächst prüft, ob diese den Mindestanforderungen an eine Erfindungsmeldung nach § 5 ArbEG entspricht und zusätzlich, ob für die Software Patent- oder Gebrauchsmusterschutz in Frage kommen kann. Andernfalls muß er sich auf Ansprüche des Arbeitnehmers auf Erfindervergütung oder Schadenersatz einstellen müssen, wenn er die Software verwertet (dazu im einzelnen: Brandi-Dohrn, CR 2001, 292 ff.)

Links zu weiteren:

http://www.frag-einen-anwalt.de/Tech...__f128819.html

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