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Popov
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#1

Ein Bürokrat Seite 3.

  Alt 10. Apr 2015, 23:09
Sorry, das muss ich loswerden. Ich hab vor paar Tagen ein Thread erstellt, weil man meiner Bekannten den Internetzugang gesperrt hat. Nun war ich gestern da und hab alles neu aufgespielt und zuletzt brauchte ich noch die Entsperrung und ein neues Passwort von dem Provider.

Ich weiß, Bürokraten gibt es in Behörden, ich wusste aber nicht, dass sie auch in der freien Wirtschaft überleben können. Der Vorgang sah so aus:

Damit die Bekannte mithört, habe ich das Telefon auf Freisprechfunktion (also laut) gestellt.

1. Anruf
Nachdem die Musik aufgehört hat, habe ich nichts gehört. Ich hab paar mal Hallo gerufen, aber keine Antwort gehört. Also aufgelegt und noch mal versucht.

2. Anruf
Nachdem die Musik aufgehört hat, habe ich wieder nichts gehört. Also paar mal Hallo gerufen, aber keine Antwort gehört. Noch mal aufgelegt und noch mal versucht. Nur dieses Mal hatte ich im letzten Moment das Gefühl etwas leises gehört zu haben. Es war aber schon zu spät. Das war eben der Moment wo der Finger nicht mehr zu stoppen war.

3. Anruf
Nachdem die Musik aufgehört hat, habe ich wieder nichts gehört. Dieses Mal habe ich aber den Telefonhörer in die Hand genommen und ans Ohr getan. Der Lautsprecher war immer noch laut. Ich hörte eine leise Stimme:

Support: "Hajkdsjhdfnr..."

Ich: "Hallo?"

S: "J.. H..."

I: "Hallo? Ist da einer? Sind Sie ein Mensch?"

S: "Ja"

I: "Ach... Schön, ich hör Sie sehr leise."

S: "Ok"

I: "Können Sie etwas lauter sprechen?"

S: "Nein"

I: "Ich kann sie kaum verstehen."

S: "Ok. Was wünschen Sie?"

I: "Ich kann sie wirklich nicht verstehen. Können Sie das wiederholen?"

S: "Was wünschen Sie?"

I: "Ja, meiner Bekannten wurde der Internetzugang gesperrt, weil man den Verdacht hat, dass von ihrem Rechner Spam versendet wird. Nun habe ich hier alles klar gemacht, den Router zurück gesetzt auf Werkseinstellung und Windows neu installiert. Ich brauche nun das neue Kennwort für den Internetzugang."

S: "Wie schützen Sie ihren Computer?"

I: "Wie bitte?"

S: "Wie schützen Sie ihren Computer?"

I: "Was meinen Sie?"

S: "Wie schützen Sie ihren Computer?"

I: "Was meinen Sie? Meinen Sie Antiviren Software?"

S: "Ja."

I: "Was ja? ???"

I: "Was ja? Wollen Sie wissen welche?"

S: "Ja."

I: "Wozu wollen Sie das wissen?"

S: "Wenn Sie Ihr System nicht geschützt haben, kann ich Sie nicht freischalten."

I: "#%&&§$#@@#?#. Ich finde nicht, Sie das wissen müssen, aber meinetwegen, damit es weitergeht. Die Bekannte hat McAfee gekauft. Das ist drauf."

S: "Na gut. Ich brauch dann ihr Ihre Nummer Seite 3."

I: "Wie bitte?"

S: "Ihre Nummer Seite 3."

I: "Ich verstehe nicht."

S: "Ihre Nummer Seite 3."

I: "Das habe ich verstanden. Ich verstehe aber nicht was sie meinen."

S: "Ihre Registriernummer Seite 3."

I: "Registriernummer Seite 3?"

S: "Ja."

I: "Was meinen Sie damit?"

S: "Registriernummer Seite 3."

I: "Ja, was ist das?"

S: "Ihre Registriernummer Seite 3."

I: "Registriernummer ?"

S: "Ja, Seite 3."

I: "Was meinen Sie damit?"

S: "Die Registriernummer Seite 3."

I: "Was ist die Registriernummer?"

S: "Ihre Registriernummer."

I: "Registriernummer? Von wo?"

S: "Seite 3."

I: "Entschuldigen Sie, ich verstehe nicht was Sie von mir wollen?"

S: "Ihre Registriernummer Seite 3."

I: "Ich weiß wirklich nicht was Sie von mir wollen."

S: "Ihre Registriernummer Seite 3."

I: "Das habe ich schon verstanden. Seite 3 von was?"

S: "Von Ihrem Vertrag."

I: "Von meinem Vertrag?"

S: "Ja."

I: "Was ist eine Registriernummer?"

S: "Die steht auf Seite 3."

I: "Ja, das habe ich verstanden. Meinen Sie die Benutzernummer?"

S: "Nein. Die Registriernummer?"

I: "Wo steht sie?"

S: "Auf Seite 3."

I: "???"

I: "Moment mal. Meinen Sie etwa, dass Sie eine Angabe von Seite 3 des Vertrags benötigen, den die Kundin nach dem Vertragsabschluss bei Ihrer Gesellschaft erhalten hat?"

S: "Ja."

I: "Warum sagen Sie das nicht?"

S: "Hab ich doch."

I: "Nein, Sie haben gesagt: Nummer Seite... Ist ja auch egal. Warten Sie."

Ich zu der Bekannten: Hast du den Vertrag? Sie: Ich hab den vor 16 Jahren abgeschlossen. Keine Ahnung wo der ist, vermutlich schon längst auf dem Müll.

I: "Hallo, hören Sie? Meine Bekannte weiß nicht mehr wo der Vertrag ist, ist schon zu lange her. Vielleicht schon weggeworfen."

S: "Dann kann ich Ihnen das neue Kennwort nicht geben."

I: "Wieso das?"

S: "Sie könnten jemand anderes sein."

I: "Ich bin auch jemand anders. Ich bin der Bekannte der Kundin. Warten Sie, ich gebe sie Ihnen."

Bekannte: "Hallo, mein Name ist ******, das ist mein Internet- und Telefonanschluss. Sie könne das Kennwort mir geben."

S: "Nein, Sie könnten jemand anderes sein."

Ich wieder...

I: "Hallo?"

S: "Ja."

I: "Wir telefonieren gerade über die Leitung Ihrer Gesellschaft. Sie sehen also auf Ihrem Computer (Anm: ich kenne deren Arbeitsplätze kleinwenig, ich weiß, dass die beim Anruf sofort den Anschluss ermitteln und alle Angaben über den Kunden auf dem Bildschirm haben), dass der Anruf vom Telefon der Kundin kommt."

S: "Sie könnten aber jemand anders sein."

I: "Jemand anders? Sie sehen aber am Computer, dass sie mit dem Anschluss der Kundin telefonieren."

S: "Ja. Ich brauch trotzdem Ihre Registriernummer Seite 3. Sie könnten jemand anders sein."

I: "Ok, hat keinen Sinn. Was machen wir jetzt?"

S: "Ohne Registriernummer kann ich Ihnen das Kennwort nicht geben."

I: "Ja, ok, das habe ich verstanden. Welche Möglichkeiten gibt es? Die Kundin hat ihren Vertrag nicht mehr. Was können wir jetzt tun?"

S: "Sie müssen persönlich vorbeikommen mit Ihrem Personalausweis. Dann wird Ihnen das Kennwort vor Ort übergeben."

Meine Bekannte flüstert mir das Wort "Sicherheitsabfrage" zu.

I: "Moment mal, meine Bekannte meint gerade, dass es das letzte Mal mit einer Sicherheitsabfrage ging. Genau. Bei Ihnen ist doch eine Sicherheitsabfrage hinterlegt, eine Art Passwort. Für den Fall der Fälle, bzw. genau für so einen Fall. Wenn der Kunde Ihnen das Passwort gibt, wissen Sie genau, dass hier der richtige Kunde ist."

S: "Kann ich nicht machen."

I: "Ja, aber Ihr Kollege hat das gemacht."

S: "Ich nicht."

I: "Wieso nicht?"

S: "Ich kann das nicht lesen."

I: "Wie, Sie können das nicht lesen?"

S: "Ich kann es nicht lesen."

I: "Ich verstehe nicht, was können Sie nicht lesen?"

S: "Die Sicherheitsabfrage."

I: "Ich verstehe nicht, was stimmt damit nicht?"

S: "Es ist unverständlich."

I: "Wie unverständlich?"

S: "Es sind zusammenhanglose Buchstabenreihen. Ich kann es nicht lesen."

...

Etwa an dieser Stelle habe ich mich bedankt und aufgelegt. Die Minute kostete übrigens 1,69 Euro. Ich meinte zu meiner Bekannten, dass wir noch 1 Stunde Zeit haben bis die schließen. Am besten fahren wir dahin und holen uns das Kennwort persönlich ab.

Während meine Bekannte sich fertig machte, regte mich der Anruf so langsam auf. Ich hab da noch mal angerufen, dieses Mal wollte ich nicht freundlich bleiben. Leider war sein Kollege dran. Der war laut und verständlich. Innerhalb von 45 Sekunden hatte ich das neue Kennwort. Noch bevor ich loslegen konnte, bot er mir an das über die Sicherheitsabfrage zu lösen.

Ach so, wegen der Sicherheitsabfrage. Die Antwort waren zwei Worte auf französisch. Zusammen sieben Buchstaben. Damit konnte der erste Suporter nichts anfangen. Und da heißt es immer als Tipp: nehmen Sie kein Kennwort was jemand anders leicht herausfinden kann. Am besten etwas in einer fremden Sprache.
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