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MathiasSimmack
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#92

Re: Zunehmende Überwachung in Deutschland

  Alt 7. Apr 2007, 12:26
Unser Bär hat sich in der Shoutbox geäußert, dass Unterschriftenaktionen nicht viel bringen. Auch der Betreiber dieses Blogs ist dieser Ansicht. Er hat mich aber auf eine Idee gebracht: den Petitionsausschuss nämlich. Also habe ich den Brief an die Kanzlerin gestoppt und stattdessen eben online das Formular ausgefüllt. Hier ist mein Text:
Zitat:
Ich beobachte mit Sorge die Entwicklung in der Bundesrepublik. Der Bundesinnenminister, Herr Dr. Wolfgang Schäuble, führt einen Kampf gegen den Terrorismus, bei dem er offenbar jegliches Augenmaß verloren hat. Selbst wenn ich glauben soll, dass es um mehr Sicherheit geht, scheint mir doch der Weg falsch zu sein. Eine 100% Sicherheit gibt es nicht. Durch mehr Überwachung lässt sich nur mehr Kontrolle ausüben, aber die Gefahr von Terroranschlägen wird damit nicht verringert. Es wirkt ohnehin absurd, wenn die Innenminister von Bund und Ländern immer wieder betonen, es gibt keinen Grund zur Panik, die geplanten Maßnahmen aber mit einer hohen Terrorgefahr begründen. Durch diese Maßnahmen wird der Bürger pauschal kriminalisiert und macht sich erst recht verdächtig, wenn er sich dem Zugriff durch die Staatsgewalt entziehen möchte.
Inzwischen bemerke ich neben der üblichen Politikverdrossenheit auch, dass Bürger sich nicht mehr trauen, ihre Meinung zu sagen, weil sie Nachteile DURCH den Staat befürchten. Teilnehmer von harmlosen Demonstrationen werden von Beamten der Polizei mit der Videokamera überwacht und damit auf eine Stufe mit radikalen und gewaltbereiten Demonstranten gestellt. Selbst ich habe lange überlegt, bevor ich mich entschloss, diese Petition einzureichen. Sind Sie der Ansicht, dies ist das typische Verhalten eines unbescholtenen Bürgers, der dem Staat und seinen ausführenden Organen vertrauen kann und darf? Und ich bin ein unbescholtener Bürger. In einem Interview bezeichnete sich der Innenminister als "anständig" und begründete so, dass er die Überwachung nicht fürchten muss. Ich erinnere mich aber daran, dass er sich damals vor dem Bundestag für seine Rolle in der so genannten Parteispendenaffäre der CDU entschuldigen musste. Wenn er sich dennoch als anständig bezeichnet, dann bin ich vermutlich ein wahrer Unschuldsengel.

Wir machen, meiner Meinung nach, immer mehr und immer schnellere Schritte in einen von Überwachung geprägten Staat, und der Bundesinnenminister und andere Personen (Herr Bosbach, Herr Schünemann, Herr Ziercke, Herr Wiefelspütz, um ein paar zu nennen, die in letzter Zeit durch entsprechende Interviews auffielen) nehmen Fragen, Sorgen und Kritik nicht ernst. Sie werden als "naiv" und "Gespensterdebatten" bezeichnet. Ich möchte anmerken, dass solche Kritik nicht nur von ein paar "Spinnern" aus dem Internet kommt. Auch Personen wie der Datenschutzbeauftragte, Herr Peter Schaar, und die Bundesjustizministerin, Frau Brigitte Zypries, äußern Bedenken.

Um nur zwei konkrete Beispiele anzuführen: Inwieweit darf ich darauf vertrauen, dass eine Behörde wie das BKA mit persönlichen Informationen verantwortungsbewusst umgeht, wenn es den Damen und Herren nicht einmal gelingt, korrupte Beamte im eigenen Haus aufzuspüren, die brisantes Material verkaufen? Und wer definiert, was private Daten sind, deren Schutz der BKA-Präsident, Herr Jörg Ziercke, durch so genannte "Schlüsselbegriffe" (Originalzitat) gewährleisten will, wenn der Bundesinnenminister den Terroristen aber die Schläue unterstellt, ihre Anschlagspläne als solche harmlosen privaten Daten zu tarnen?

Bitte bedenken Sie zum Schluss noch, dass es bisher keinen erfolgreichen Anschlag in Deutschland gab. Zudem wurden die Anschläge außerhalb Deutschlands, und auch der nicht erfolgreiche in Deutschland von Personen verübt, die bis dahin völlig unbekannt waren und auch nicht durch entsprechendes Verhalten aufgefallen sind. Eine präventive Überwachung hätte die Anschläge daher auch nicht verhindern können. Im Prinzip wird nur ein Datenberg angehäuft, der zwar sicher einiges über die privaten Ansichten der Bundesbürger verrät, der aber wenig geeignet ist, einen Terroranschlag im Vorfeld zu verhindern. Im Gegenteil, die Aufmerksamkeit der Behörden wird auf unschuldige Bürger gelenkt werden, die sich unbedacht äußern, oder die (wie ich bereits schrieb) Maßnahmen ergreifen werden, um ihre Privatsphäre zu schützen. Die Meinung Andersdenkender wird aber durch das Grundgesetz geschützt, und das darf nicht durch die vorgeschobene Terrorbekämpfung ausgehöhlt werden. Und bedenken Sie bitte auch, dass der Bürger kaum Kontrolle über die staatliche Datensammelwut hat.

Sind Sie der Ansicht, dass das ein erstrebenswertes Ziel für einen Rechtsstaat ist?
Ich halte euch über die Antworten auf dem Laufenden. Wer mag, kann sich da natürlich auch gern zu Wort melden, aber bitte nicht einfach nur meinen Text kopieren.
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