Spannende Diskussion, die zur Frage führt: was ist die Strategie für Delphi, die weiter reicht als das Melken von Legacy-Projekten und die Zuwendung durch eine (Verzeihung vorweg, schließe mich ein) gealterte Generation? Man kann das Bemühen erkennen, dass man die Begeisterung in Delphi mit Webinaren und dergleichen hoch hält. So ganz klar ist mir aber die Zielgruppe da nicht und auch fehlt mir die Konsistenz.
Was Delphi an Vorteilen mitbringt ist vermutlichen allen hier besser bewusst, als mir, das braucht wohl keine Aufzählung. Was mir aber nicht klar ist, warum man ein paar Themen nicht aktiv adressiert:
- Wenn man sich schon zu einer Community-Edition entschließt, um neue Entwickler einzuladen, warum lässt man die dann immer hinterher hinken? Warum kommt nicht eisern mit Erscheinen einer neuen bezahlten Version auch die Community heraus? Und die kann man dann auch einfach installiert lassen, die läuft nicht ab, die kann man sogar einfach auf die neue Version aktualisieren.
- Es gibt zahlreiche Webinare von Embarcadero, ich hab viele davon angesehen. Ich persönlich (!) kann den Sinn dahinter nur bedingt verstehen. Ja, die sollen Begeisterung versprühen, aber ein Raumschiff-Enterprise-UI in Ehren, das denke ich bringt wenigen Nutzern viel. Wenn ich neue Entwickler ansprechen will, dann wäre das doch ein schöner Weg, gute Projekte umzusetzen. Die Idee ist: Delphi ist ein schönes Werkzeug, um schnell Applikationen mit herzeigbarer UI bauen. Also, zeige ich genau das: Wie baue ich gute funktionstüchtige Applikationen in einer Tiefe, dass dabei sinnhafte Applikationen herauskommen. Wenn ich bei mir in der Firma anschaue, wie Leute mit Begeisterung Low-Code-Tools propagieren, weil man da Buttons ganz einfach auf die UI ziehen kann ... meine Güte - alles da, seit 30 Jahren!
Konkret wären folgende Formate interessant (frei dahingesponnen):
- An application in less than one hour. Eine Stunde, eine Applikation, die was Sinnhaftes macht. Rapid Application Development. Kein Furz-Showcase, der nichts bewirkt. Irgendwas Zählbares. Wenn ich denke, wie viele gute Tutorials es für andere Applikationen gibt, wo Leute in deutlich wenig Zeit irre gute Ergebnisse erzielen. Das schafft Begeisterung für eine Plattform. Da braucht man nicht bei der Installation anfangen oder beim Runterladen einer Komponente oder beim Aufzählen von Vorteilen für die Plattform. Das kommt dann intrinsisch, wenn nach den ersten 10 Minuten eine Oberfläche fertig ist, die was kann und die Datenbank-Verbindung auch schon steht.
- Business Case Development: größere Projekte in mehreren Teilen, in denen gezeigt wird, wie man ein größeres Projekt angeht mit allen typischen Anforderungen: Datenbanken, Reporting, Charts, Office-Export, etc. Aber eben zu einem kohärenten gesamten Bild. Wie baue ich das auf? Wie trenne ich Business-Logik und UI? Wie krieg ich meine Klassen ins Reporting, in Charts und in Excel-Dateien? Ganz konkret anhand typischer Anwendungsfälle.
Wenn ich selber nur Code produzieren könnte, den man herzeigen kann ...
- Es gibt bestimmt Analysen dazu, vermutlich liege ich falsch: aber tut man sich mit den drei Versionen wirklich einen Gefallen? Braucht es wirklich Profession/Enterprise/Architect? Gerade mit der Unterscheidung von Professional und Enterprise hadere ich. Ergibt das echt Sinn? Aus der Historie heraus, dass Delphi stark mit Datenbanken ist, ja, verständlich, dass gewisse Features in eine höhere Bezahlschranke verschoben werden, aber auch nein, wäre es nicht schick, wenn eine Delphi-Version einfach alles mitbringt, insbesondere in der Kernstärke Datenbanken?
- Warum gibt es noch immer keinen Installer, der einem bei der Installation die Wahl lässt: Upgrade der existierenden Version oder Parallel-Installation inkl. Anpassen der Path-Einstellungen.
- Es gibt zahlreiche gute Komponenten. Die hängen oft an Einzelpersonen. Fair enough. Das ist nicht Delphi-spezifisch. Aber könnte man es nicht zu einer Delphi-spezifischen Stärke machen, indem man Entwickler auf die ein oder andere Weise miteinbindet? Bei Skia ist es zuletzt passiert, dass man eine Komponente eingebunden hat. Das mag eine Variante sein. Ich weiß nicht, wie man das kommerziell gelöst hat. Aber wär das nicht ein Feld, wo beide (engagierte Komponenten-Schreiber) und Embarcadero gewinnen könnten? Die Plattform kriegt hochwertige Komponenten, der Entwickler eine Plattform. Das ist nicht zu Ende gedacht, es kann und muss nicht jede Komponente zu Embarcadero wandern. Aber Fakt ist, dass das Potential ist, aus einer fragmentierten Landschaft das beste herauszuholen. Die Vision kann ja durchaus sein: die hochwertigsten Packages reinholen und damit den Lieferumfang von Delphi ständig verbessern. Eine gute Reporing-Komponente, eine Chart-Komponente, ... alles unter dem Titel, Applikationsentwicklung einfach und angenehm zu machen.
Was denkt ihr?